Donnerstag, 5. November 2009

Zwischen Haute Cuisine und Truckerabsteige


Nach sechs Tagen New York kehren wir dem Big Apple den Rücken zu. Getrieben von freudigen Erwartungen, aber auch mit dem Bewusstsein, dass von nun an der American Way of Live auch auf unserem Frühstücksteller Einzug halten würde. Unser Ziel war eigentlich die Hauptstadt Washington DC, in der Guido Westerwelle gerade seinen Antrittsbesuch absolvierte. Doch irgendwie schafften wir es nur bis Baltimore, eine Hafenstadt, die neben Architektur mit Küstenflair auch ausgezeichnete Küche zu bieten hat. Schnell wurde uns klar, dass es nicht leicht wird, hier eine günstige Unterkunft zu finden. Nach einigen Überredungsversuchen an den Rezeptionen schicker Hotelketten, in den denen wir trotz herzallerliebstem Lächeln kein Zimmer zum Sonderpreis bekamen, trauten wir uns in ein Trucker Motel. Der Geruch im Eingangsbereich war das erste Indiz, dass uns eigentlich sagte: „Bitte schleunigst den Rückwärtsgang einlegen“. Aber als „Nachtportier“ Kevin uns den Preis für ein Doppelzimmer nannte, konnten wir nicht widerstehen. Mit der glorreichen Idee, wir würden uns ein Bett teilen (bekanntlich passen ja in ein amerikanisches Einzelbett – Kingsize – locker zwei normal gewichtige Personen!) konnten wir den Preis noch einmal drücken und hatten nach einer kleinen Odyssee schließlich ein Bett für die Nacht.

Nun mussten wir nur noch etwas Essbares finden und da wir schon in Sachen Unterkunft auf Sparkurs waren, brauchten wir wenigstens im Magen etwas Gesundes. Also zogen wir durch das Hafenviertel der Stadt und ließen uns mal wieder von einem Passanten eine Lokalität empfehlen – eine Tapas-Bar, die gemessen an der Menge der Gäste recht beliebt schien. Hier saß man – wie auch schon in New York – so dicht nebeneinander, dass man gar nicht anders konnte, als dem Gedankenaustausch seiner Nachbarn zu lauschen. Schon in Soho konnten wir auf diese Art interessante Gespräche eines ersten Dates „belauschen“.

In Baltimore aß nun ein Pärchen, Mitte dreißig, Seite an Seite mit uns. Neugierig auf das, was sie auf dem Teller hatten, erkundigten wir uns, wo wir diese ungewöhnlichen Bällchen auf der Karte finden würden. Wenige Augenblicke später plauderten Keith und Collin von ihrem Leben in Baltimore, ihrer Freundin, die einen deutschen Ingenieur kennengelernt hatte und nun mit ihm in die Nähe von Frankfurt zieht, auch über die beiden Söhne sprach das Paar. Von Berührungsängsten gegenüber Fremden keine Spur. Im Gegenteil, sogar Bilder ihrer Sprösslinge gingen über den Tisch und Visitenkarten wurden getauscht. Von unserer Reise waren die beiden sehr angetan und wie viele andere auch Blitze in ihren Augen ein Feuer auf, als wir unser Vorhaben erklärten. Sie würden uns so gern begleiten und beneiden uns sehr, doch mit zwei Kindern ist man eben gebunden. Ihre letzte große Reise haben sie noch bevor der Nachwuchs da war gemacht. Zehn Tage Europa – ein Kurztrip in Fastfood Manier: in kürzester Zeit so viel sehen wie das Auge und der Kopf gerade noch vertragen können. Dennoch scheinen sie mit Europa viel Positives zu verbinden und hoffen, irgendwann einmal noch mehr davon kennenzulernen.

Am Ende dieses Abends war uns einmal mehr klar geworden, dass erst die Begegnungen mit den Menschen diese Reise zu einem so außergewöhnlichen Erlebnis machen.

1 Kommentar:

  1. Weiter so Havi - Du schreibst echt toll. Da können deine beiden Mädels noch 'ne Menge lernen. :)

    tom

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